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Körper- und Bewegungswahrnehmung

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Artikel aus TRAGER aktuell, Ausgabe 2010/1

Schon mal ein Pferd getragert?

Das liebevolle Knuddeln mit Hunden oder Katzen kennt wahrscheinlich jeder von uns.

Die Möglichkeit des bewussten Wahrnehmens, Fühlens und Erforschens eines Tierkörpers ist jedoch eine ganz andere Erfahrung, und wenn es sich dabei um ein Pferd handelt, umso mehr.

Wie kam es zu dieser besonderen Begegnung? Jessica, eine TRAGER Kollegin, erzählte mir von der Anfrage einer Klientin, ob sie auch das Pferd dieser Klientin, welches auf einem Bein lahmte, tragern könne. Weil sie jedoch Angst vor Pferden hat, lehnte sie ab.

Als ich davon hörte, äußerte ich spontan, dass ich ein solches Angebot sofort annehmen würde und sicher Spaß daran hätte. Jessica stellte also den Kontakt her und wir vereinbarten einen Termin zu viert: Jessica, ihre Klientin - Nicki , Pasadena – das Pferd, und ich. Ich muss vorausschicken, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Kontakte, geschweige denn Erfahrungen, mit Pferden hatte. Ich hatte als Kind einen kleinen Hund, mache gerne Urlaub auf dem Bauernhof und würde mich generell als durchschnittlich tierlieb bezeichnen – das war’s dann aber auch schon.

Insofern hielt ich es dann auch für angemessen, mich zumindest theoretisch ein wenig vorzubereiten und bemühte im Internet etliche einschlägige Seiten. Als grundlegendste Information

blieb davon hängen, dass Pferde erstens Fluchttiere, und zweitens Herdentiere sind. Die Körpersprache ist daher unser entscheidendstes Kommunikationsmittel und bestimmte Bewegungen werden, obwohl nicht so gemeint, vom Pferd als aggressiv gedeutet. So werden beispielsweise die zum Pferd hin geöffneten, gestreckten und vielleicht sogar erhobenen Handflächen als Angriffsgeste wahrgenommen. Genauso das fixieren mit den Augen signalisiert dem Pferd: „Raubtier – Gefahr – Flucht“.

Außerdem wird jedes Pferd seine Stellung in der Rangordnung der aktuellen Herdenkonstellation, auch wenn es sich dabei nur um die kleinste Herde, bestehend aus einem Mensch und dem Pferd handelt, sofort austesten.

Auf diese Weise „gebrieft“ begab ich mich also zu unserem Treffen, in Erwartung der Dinge die da kommen sollten. Natürlich machte ich keinen Hehl aus meiner Unerfahrenheit und holte mir vorher das Einverständnis von Nicki hier einen Versuchsballon zu starten.

Pasadena steht in ihrer Box und nimmt die herannahenden Besucher neugierig in Augenschein . Nachdem ich mich zunächst einmal beschnuppern lasse, folge ich Nicki, unter Beachtung der frisch gelernten Verhaltensregeln, in den Holzverschlag. Die erhöhte Alarmbereitschaft der Stute, angesichts dieser ungewohnten Situation, ist unübersehbar. Der ganze Körper strafft sich, die weit geöffneten Augen folgen mir überall hin und die hoch aufgestellten Ohren drehen sich wie hochnervöse Parabolantennen. Ich nehme Kontakt zu dem mächtigen Tier auf indem ich in Hook up gehe, meine Hände auf seine Seite lege und leicht über das seidige Fell streiche. Ich erinnere mich daran mein Gewicht in den Füßen zu spüren, erwarte nichts, will nichts, bin einfach nur da.

Die Rückmeldungen von Nicki, die ihr Pferd ja kennt und entsprechend „lesen“ kann, sind sehr hilfreich weil sie mein Fühlen bestätigen und mir damit Sicherheit geben. Bei Pasadena sind Skepsis und Achtsamkeit vorherrschend. Ich kann das gut verstehen; mit einem wildfremden Menschen in diesem engen Bretterverschlag zu stehen, ohne zu wissen was der von mir will ist nicht gerade beruhigend. Bedingt durch meine Körpergröße kann ich meinen Arm gerade bequem über ihren Rücken legen. Ich lehne mich etwas an, frage nach Weichheit, sinke noch ein Stückchen tiefer. Ich kann unser beider Atem spüren und werde noch ruhiger.

Ich erfahre von Nicki, dass Pasadena jetzt zu fressen begonnen, und damit meine Anwesenheit akzeptiert hat. Wir stehen aneinander gelehnt, die Wärme strahlt auf mich ab – was ist das Gewicht dieses Körpers? Die Antwort finde ich in einem sanften Schwingen. Der langsame Rhythmus hat etwas Meditatives. Ich genieße die harmonische Bewegung und verstärke sie ein wenig. Jessica sagt mir, die Welle gehe ganz durch, vom Becken bis zur Nasenspitze.

Ich kann mich jetzt frei in der Box bewegen, der anfängliche Argwohn ist verschwunden und ich frage Nicki ob wir in die Reithalle gehen können damit ich Pasadena in Bewegung sehen kann.

Nicki führt sie zunächst im Schritt, dann im Trab. Die Bewegungseinschränkung am rechten Hinterlauf, er wird nicht ganz so hoch gehoben wie der andere, ist für mich nur schwer auszumachen. Erfahrung und Kennerblick fehlen mir hier deutlich. Pasadena lässt sich auch von mir problemlos durch die Halle führen. Offensichtlich ist die Frage der Rangfolge bereits geklärt. Ich widme mich jetzt dem rechten Hinterlauf. Sprunggelenk und Unterschenkel fühlen sich äußerst hart und angespannt an. Auch hier spüre ich die Grenzen meines anatomischen Wissens und meiner Erfahrung. Ich habe keine Ahnung wie ich diesen Hinterlauf aufnehmen, bewegen, an seine Grenzen führen oder lockern kann. Deshalb beschränke ich mich auf einen weichen Handkontakt, frage in meinem Geist nach Weichheit und bleibe im Hook up.

Nicki und Jessica sehen aus einigem Abstand zu und Nicki äußert sich sehr erstaunt darüber, dass Pasadena stehen bleibt und nicht das Weite sucht. Die Reithalle ist groß und sie könnte einfach weggehen, aber sie bleibt ganz ruhig bei mir stehen. Ich mache weiter und es entsteht allmählich eine Atmosphäre konzentrierter Stille, wie bei einer Meditation. Das tiefe Hook up breitet sich aus und ist jetzt fast körperlich spürbar. Ab und zu ist von Pasadena ein leichtes Schnauben zu hören wenn sie die Luft nach einem tiefen Atemzug durch die Nüstern entweichen lässt.

Nicki kann gar nicht glauben was sie da sieht. Die Unterlippe hängt locker nach unten, die Ohren hängen und die Augen sind halb geschlossen, alles Zeichen tiefer Entspannung. „Die ist ja wie sediert, so ist sie sonst nie“ sagt sie immer wieder. Nach einer Weile habe ich das Gefühl, es wäre gut diese entspannte Lockerheit jetzt in die Bewegung zu nehme und setze mich mit Pasadena langsam in Gang. Wir drehen einige Runden und Nicki meint, sie hebt die rechte Hinterhand jetzt höher.

Als wir anschließend zusammenstehen und uns unterhalten kommt die Stute zu mir und stubst mich mit ihrem Nasenrücken kräftig gegen meine Brust. „Die will jetzt mit dir schmusen“ klärt Nicki mich leicht irritiert auf. Ich nehme es als „Dankeschön“ und freue mich riesig über das große entgegengebrachte Vertrauen.

Für mich war es eine interessante, vor allem aber auch sehr schöne, neue Erfahrung, bei der ich vieles lernen konnte. Die vertrauensvolle Hingabe eines so großen Tieres zu spüren, das noch dazu als scheu und zurückhaltend gilt und mich erst kurz zuvor kennen gelernt hatte, hat mich tief berührt.

Das Friedvolle dieser Arbeit ist auch hier wieder zum Glänzen gekommen. Ich hatte keinerlei Erwartungen, keinen „Plan“ im Kopf, keine Ziele. Vielleicht bin ich gerade deshalb so reich beschenkt worden.

Anmerkung:

„Hook up“ bezeichnet einen Zustand tiefer Entspannung und Verbundenheit mit allem was mich umgibt. Es ist ein Gefühl des inneren Friedens, ähnlich dem in Meditation.

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